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nach 170 Jahren - wir sind wieder da

Hase und Igel_1

Unsere neuen Kleider waren fertig und sogar ein Wohlfühlbeutel wurde für uns genäht. So gesehen waren wir startklar. Angezogen und glücklich warteten wir ab. Aus unserem Beutel heraus betrachteten wir noch einmal das Schlachtfeld aus zerstückeltem Papier, Stoffen, Fäden und dem ganzen Nähzeugs. Was würde wohl als nächstes passieren? Wir konnten von unserem Platz aus, aus dem Fenster schauen. Ein strahlend blauer Himmel und eine Sonne, von der man denken konnte, sie lachte uns an; eigentlich ideales Wetter um endlich an die frische Luft zu kommen. Mir wurde bei dem Anblick ganz komisch. Ich wollte die Sonnenstrahlen mit meinen Stacheln einfangen und hatte solch ein Kribbeln im Bauch, wie an dem Tag, als ich meine liebe Frau zum ersten Mal gesehen hatte. Den Hasen hatte es besonders hart getroffen. Seine Beine zappelten und seine Ohren vibrierten. ‚Raus, raus, raus!‘ rief es in unseren Köpfchen!!! Aber nun saßen unsere Mitbewohner auf dem Sofa, da, wo wir die letzten Tage verbracht hatten und tranken Kaffee. „Geschafft!“ sagte sie und lehnte sich entspannt auf ein Kissen.
Das interessierte uns allerdings so gar nicht. Wir hatten in unserem Beutelchen den bestmöglichen Platz, die Beiden zu beobachten, ebenso, wie wir ins Freie sehen konnten. Und so waren wir es, welche mit einem unverkennbaren Blick den Beiden sagten: 'Wir wollen heute noch die Welt erkunden!' Sie sahen uns freudig an, als würden sie sagen: ‚Ja, wir haben es verstanden!‘

Wow! Es hatte tatsächlich geklappt! Sie ließen sich ihren Kaffee schnell schmecken und dann, ja dann war es soweit. Alles wurde zusammengepackt, was man so braucht.
Begriffe die wir nicht kannten, raunten durch die Zimmer. Ich zitiere die Beiden mal und frage Euch: Hättet ihr gewusst, was sie meinten? "Hast Du die Akkus in der Cam, das Kleine und Große, den Reflektor, den Blitz, die Video? Brauchen wir den Externen? ..." Hey Leute, ich kannte sogar böhmische Dörfer, aber diese neumodischen Worte kannte ich nicht. Hase schüttelte andächtig seine Ohren, denn auch er hatte von diesen Dingen nie etwas gehört.

 

Buxtehuder Heide_1Nach einer Weile war alles zusammengetragen und die Großen waren nun auch endlich startklar. „Hurra! Jetzt werden wir Kundschafter von Buxtehude und tragen unsere Geschichte in die Welt!“, rief ich laut. Hase und ich tanzten gemeinsam ins Freie. Es war nur ein kurzer Spaziergang und da sahen wir das gelbe Schild, das Ortsschild. Mit schwarzen Buchstaben stand da hoch oben: „Buxtehude, Landkreis Stade“. Hase jubilierte: „Ja, unser Buxtehude gibt es noch und hoffentlich ist die Stadt immer noch so schön, wie die, die wir schon vor 170 Jahren kennen und lieben gelernt haben.“

Unsere Mitbewohner packten einige der Sachen nun wieder aus, die sie zu Hause mühsam zusammengetragen hatten, Kamera, Reflektor, Objektive und uns. Wir ergriffen sofort die Gelegenheit und kletterten an der Stange, an dem das Schild festgemacht war, hoch. Wir wollten die Lettern schließlich von ganz nahem sehen. Dann machte Jürgen unsere Tücher ordentlich, zupfte hier und da an meinen Stacheln und an Hases Ohren. Anett machte Bilder von uns, um eine Erinnerung an diesen ehrwürdigen Moment zu haben.

Inzwischen liefen viele kleine und große Mitbewohner an uns vorbei. „Mama, wer sind die denn? Was machen die Kleinen da oben?“, hörten wir gerade noch ein kleines Mädel ihre Mama fragen. Andere lächelten und manche Leute liefen so schnell, als würden sie vor etwas weglaufen; sie haben uns bei diesem Tempo wahrscheinlich nicht einmal bemerkt. Ich musste unwillkürlich an Hase denken und schmunzeln. ‚Der kann auch so schnell rennen, so schnell, dass seine Ohren im Wind flattern…‘

Dann gingen wir weiter und lernten abermals Neues kennen: Ein Auto - so eine rollende Kiste mit 4 Rädern. Solch ein Gefährt ist noch viel schneller, als die Leute zuvor und nicht einmal Hase würde es einholen können. Zu unserer Zeit gab es wenige Pferdekutschen und Zugkarren. Von den Autos gab es nun so viele mehr, stellten wir fest. Auch kannten wir noch nicht die riesengroßen Behausungen der Menschen. Früher waren die Katen klein und eng. ‚Heute würden alle Hasen und Igel der Erde in einem dieser Häuser gemeinsam wohnen können.‘, dachte ich bei mir.

Hase und Igel_2

Bei unserer Klettertour hatten wir ein Feld mit großen, dunklen, tiefen, unbewachsenen Furchen erspäht. Solche Furchen gab es zu unserer Jugendzeit auch schon. Nein auf den Feldern, im Moor und auf der Heide waren damals noch keine wildgewordenen, stinkenden und krach machenden Ungetüme unterwegs, aber die Furchen gab es schon. Wir, der Hase, meine Liebste und ich kannten die Orte noch, an denen wir damals um die Wette gelaufen waren und unsere Geschichte ihren Anfang nahm. Natürlich war es unser innerer Drang, der uns auf das Feld führte. Das Grün, welches bald größer als wir selber war, stand in diesem milden Frühling besonders hoch. Früher lag um diese Zeit noch Schnee und so genossen wir jede einzelne Sekunde in der Wärme, so wie an diesem Tag auch.
Dann machte es wieder dauernd ‚klick‘ und die Sonne wurde uns ins Gesicht geblendet. Wir wurden fotografiert. Spätestens jetzt wussten wir, wozu unsere Mitbewohner Reflektor, Cam, Objektive und das ganze Zeugs gebrauchen konnten.

Oh, nein!!! Ein lautes ‚tuuuuut‘ störte uns und ein im Auto sitzender Mann rief uns zu: „Raus aus dem Feld, ihr zertrampelt doch alles!“ Hase und Igel_2…das war ganz und gar nicht lustig, denn wir passten ja schon aus Reinlichkeit auf, nur in der Furche zu bleiben. Außerdem hatten wir ja schließlich ziemlich viel Angst, mit einem Ohr wieder auf der Leine hängen zu müssen. Ihr wisst doch bestimmt noch, wie es Hase am „Geburtstag“ ergangen war.
Der Mann im Auto war schnell wieder gefahren und unsere Mitbewohner waren sowieso mit dem Shooting fertig. Wieder so ein neues Wort. ‚Shooting‘ eigentlich ist es nichts anderes, als, dass wir es uns in schönen Klamotten gut gehen lassen und jeden anlächeln. Mit einer Kamera werden dann Bilder gemacht, damit ihr euch mit uns freuen könnt.

Schnell, viel zu schnell hing der Sonnenball in einem unbeschreiblich schönem orange über dem Horizont und wir mussten nach Hause. Wir wurden wieder in unseren niedlichen, kuscheligen Wohlfühlbeutel gesteckt und so ging es heim. Unser erster Ausflug in der heutigen, neuen Zeit war viel zu schnell zu Ende. Es war ein unbeschreiblich schöner und aufregender Tag, den wir bald an anderen Orten fortsetzen wollten.